OLG Stuttgart spricht sich für Verlustausgleiche aus
OLG Stuttgart bestätigt Rechtmäßigkeit der Verlustausgleiche für die Kreiskliniken durch den Landkreis auch für 2012 und 2013
Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hat sich am vergangenen Donnerstag (23.03.2017) klar dafür ausgesprochen, dass die durch den Landkreis Calw getätigten Verlustausgleiche der Kreisklinken Calw und Nagold für die Jahre 2012 und 2013 rechtmäßig erfolgt sind. Es handle sich nicht um eine nach den EU-Wettbewerbsregeln verbotene Beihilfe. Die Klage des Bundesverbands Deutscher Privatkliniken e.V. (BDPK) gegen den Landkreis Calw wurde abgewiesen und eine Revision vor dem Bundesgerichshof abgelehnt.
„Wir freuen uns, dass das Oberlandesgericht unserer Argumentation gefolgt ist und wir nun unsere Vorgehensweise vollumfänglich bestätigt sehen“, resümierte der Calwer Landrat Helmut Riegger nach der Urteilsverkündung.
Durch das überwiegend lokal bzw. regional ausgerichtete Angebot der Kreiskliniken Calw und Nagold sowie ihrer Fokussierung auf Standardleistungen im Sinne der Grund- und Regelversorgung mit Schwerpunkten hätten die Verlustübernahmen durch den Landkreis nach Auffassung des OLG keine Auswirkungen auf den zwischenstaatlichen Handel gehabt. Auch eine durch sie verursachte Erschwernis des Marktzutritts bzw. des Bestehens am Markt für andere Klinikbetreiber konnten die Richter nicht feststellen. Insofern seien die Ausgleichszahlungen des Landkreises Calw zur Aufrechterhaltung des Betriebs der defizitär arbeitenden Kreiskliniken für die Jahre 2012 und 2013 – entgegen der Auffassung des BDPK – nicht als staatliche Beihilfen zu bewerten, die bei der Europäischen Kommission hätten angemeldet werden müssen. Daher wurde die Klage des BDPK auch in Hinblick auf die Jahre 2012 und 2013 zurückgewiesen. Das OLG Stuttgart hat darüber hinaus entschieden, den Fall nicht dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen und festgestellt, dass keine Gründe für eine Revision bestehen. Der Klägerseite bleibt also nur noch innerhalb eines Monats beim Bundesgerichtshof eine sog. Nichtzulassungsbeschwerde einzulegen.
Am 24. März 2016 hatte der Bundesgerichtshof (BGH) bereits die grundsätzliche Zulässigkeit der Verlustübernahme kommunaler Krankenhäuser durch ihre Träger unter bestimmten Voraussetzungen bestätigt. Allerdings hatte er die Klärung der Frage, ob die durch den Landkreis geleisteten Ausgleichszahlungen für die beiden Jahre 2012 und 2013 im Einzelfall allen rechtlichen Vorgaben entsprechen, an das OLG als zuständiges Berufungsgericht zurückverwiesen.
Als Beklagter hat der Landkreis Calw bundesweit eine Vorreiterrolle übernommen. Durch das Urteil des OLG Stuttgart ist jetzt bestätigt worden, dass gerade kommunale Krankenhäuser auf die Übernahme ihrer Betriebsverluste durch die Träger angewiesen sind, um die medizinische Grund- und Regelversorgung der Bevölkerung sicherstellen zu können.
Hintergrund:
Der BDPK hat den Landkreis Calw in einem Musterprozess mit bundesweiter Bedeutung auf „Unterlassung unlauteren Wettbewerbs“ verklagt, weil der Kreis die Verluste seiner Kliniken über Zuschüsse aus dem Kreishaushalt ausgleicht und Bürgschaften für die Kredite der Kreiskliniken gewährt. Eine gängige Praxis, vor allem bei Krankenhäusern in ländlichen Gebieten. Denn aufgrund der mangelhaften Finanzierung der Krankenhäuser durch Bund, Land und Krankenkassen, gelingt es den kommunalen Krankenhäusern immer weniger, ein ausgeglichenes Jahresergebnis zu erwirtschaften. Da die Träger der kommunalen Krankenhäuser im Rahmen der Daseinsfürsorge verpflichtet sind, rund um die Uhr eine flächendeckende, wohnortnahe, qualitativ hochwertige und bedarfsgerechte Grund- und Regelversorgung sicherzustellen, sind sie immer öfter gezwungen, Betriebsverluste auszugleichen und Kliniken Bürgschaften für Kredite zu gewähren. Der Bundesverband Deutscher Privatkliniken (BDPK) sieht darin einen Verstoß gegen Wettbewerbs- und EU-Beihilfenrecht.
Nachdem sowohl das Landgericht Tübingen im Dezember 2013 als auch das Oberlandesgericht Stuttgart als zuständiges Berufungsgericht im November 2014 zugunsten des Landkreises Calw urteilten, hatte im März 2016 der Bundesgerichtshof Karlsruhe als Revisionsgericht die grundsätzliche Zulässigkeit der finanziellen Unterstützung kommunaler Krankenhäuser bestätigt. Allerdings verwies er die Prüfung der Frage, ob die durch den Landkreis getätigten Verlustausgleiche der Jahre 2012 und 2013 im Einzelfall allen rechtlichen Vorgaben entsprechen an das OLG als zuständiges Berufungsgericht zurück.